Die Artenvielfalt ist unser übergeordnetes, öffentliches Interesse
Die Unterzeichnenden fordern die gezielte und effektive Förderung der Artenvielfalt auf allen öffentlichen Flächen in Deutschland durch ein geeignetes, konsequent ökologisch ausgerichtetes Grünflächenmanagement und eine Pflege, die dieses Ziel sicherstellt. Die heute übliche Praxis ungeeigneter „Pflege“maßnahmen sind häufig das Ende der Biodiversität im öffentlichen Grün und bedeuten für viele Arten Tod und Verlust von Lebensraum und Nahrung.
Bestehende Gesetze, Grundlagen, Programme, Initiativen und ähnliche Instrumente verfehlen bislang ihre Wirkung in der Breite,
Artenschwund
und
Insektensterben verschlimmern sich zusehends.
Die Situation ist dramatisch.
Wir möchten erreichen, dass öffentliche Flächen ökologisch sinnvoll angelegt und gepflegt werden, damit sie dazu beitragen können, das Insekten- und Artensterben in unseren Lebensräumen aufzuhalten.
Wir wenden uns daher an die jeweiligen Petitionsreferate der deutschen Landtage, Kreise, Städte und Kommunen sowie an alle zuständigen Behörden und Verbände.
Gemeinsam mit engagierten BürgerInnen wollen wir möglichst viel gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit auf dieses wichtige Thema lenken. Ergänzend zur Petition werden ausgearbeitete Texte und vertiefende Informationen über Updates geteilt (zur Teilhabe bitte Email Kontakt zulassen) und können dann, sei es als Petition, Bürgerantrag, offener Brief, Pressemitteilung oder andere Formate, bei den zuständigen Stellen formal korrekt vorgebracht werden.
Die Akteure wie Grünflächenämter, Straßenbehörden, Betriebshöfe der Kommunen oder Gewässerverbände u.a.,
sind aufgerufen, ihre Pflegemaßnahmen anzupassen und sie zu extensivieren im Sinne eines ökologisch sinnvollen Grünflächenmanagements, welches nachhaltig auf Verbesserung und Zuwachs von Artenvielfalt, Biotopen und Biotopverbünden ausgerichtet ist.
Der Schutz, die Förderung und Entwicklung der Artenvielfalt insbesondere durch Biotopverbundlinien wie Hecken, Säume und Raine an Wegen, Straßen, Wasserläufen, Gräben, Feld- und Waldrändern sind als zentrales Ziel des Landes, der Kreise und der Kommunen mit Priorität umzusetzen. Die Artenvielfalt öffentlicher Flächen und öffentlichen Grüns muss geschützt und gefördert werden, damit sie wieder zu echten Lebensräumen werden. Kommunale Flächen an Wegen und Straßen sind Allgemeingut und müssen dem Ziel der Artenvielfalt dienen (im Sinne der NRW LANUV-Broschüre „Blühende Vielfalt am Wegesrand“).
2. Förderung
Auf Landes-, Kreis- und kommunaler Ebene müssen die notwendigen personellen und finanziellen Kapazitäten eingeräumt und verstärkt werden. Diese sollen verpflichtend ein konsequent ökologisches Grünflächenmanagement ermöglichen. Lenkungsmöglichkeiten über Förderprogramme etc. sind zu ergreifen und zu effektivieren.
3. Pufferstreifen verbessern
Schädigende Einträge wie Überdüngung und Pestizidverwehungen müssen effektiv reduziert werden. Dies ist zu erreichen durch die konsequente Anwendung bestehender Gesetze und Regelungen. Ausreichend breite Pufferstreifen, besonders entlang von Schutzgebieten und Gewässern, müssen gesetzlich verankert werden.
Die Ökologisierung der Landwirtschaft durch gezieltere Unterstützung und Förderung kleinerer Betriebe und der Leistungen für den Schutz von Artenvielfalt und Natur ist dabei ein wichtiger Faktor.
4. Biologische Maßnahmen statt Pestizide
Der Einsatz von Pestiziden jeglicher Art auf öffentlichen Flächen ist zu verbieten, ebenso das flächenhafte Ausbringen von Insektiziden (z.B. auch BT- haltige aus der Luft!), da nachweislich massiv Nichtzielorganismen geschädigt werden. Es sind ausschließlich nützlingschonende, mechanische und biologische Maßnahmen zuzulassen (z.B. Pheromonfallen).
5. Verbindliche Vorgaben für jede Planung von Landschaftsstrukturen und Flächen
Verbindliche gesetzliche Grundlagen, Verordnungen und Programme müssen unverzüglich eine effektive Förderung der Artenvielfalt gewährleisten! Sie sollen naturschutzfachlich überprüfte Vorgabe sein für jede:
- Landschaftsplanung
- Flächennutzungsplanung
- Bauleitplanung
- Flurbereinigungsverfahren
- auch laufende Flurbereinigungsverfahren sind auf ihre Eignung zur Biotopvernetzung hin zu prüfen und zu verbessern!
- Ausgleichsmaßnahmen
6. EU- Recht und Biotopverbünde
Natura-2000 und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sind EU-Recht und dienen als Instrument zur Biotopvernetzung,
daher sind die Schutz- und Entwicklungsziele Biotopverbünde als Bestandteil der jeweiligen Regional- und Landschaftspläne umgehend und verbindlich umzusetzen!
7. Wälder schützen
Unsere Wälder in Staats- und Landesbesitz sind als Teile unserer regionalen und globalen Ökosysteme und Biotopverbünde ökologisch zu bewirtschaften, mindestens 20% sollten kurzfristig gänzlich der Natur überlassen werden.
Vor dem Hintergrund der Klimakrise müssen verbliebene Waldgebiete geschützt werden, besonders die noch vorhandenen Laub-Mischwälder mit ihren großen alten Bäumen sind vor naturschutzfachlich nicht sinnvollem Holzeinschlag zu schützen!
8. Die größten Defizite liegen in der Umsetzung und Kontrolle
Umsetzung und Erfolgskontrollen aller Gesetze, Programme und Maßnahmen müssen unabhängig und mit Priorität erfolgen, Gutachten sind zu erstellen. Die Kooperation mit anerkannten Naturschutzverbänden und im Naturschutz fachkundigen Initiativen soll Teil der Maßnahmen sein.
9. Grünschnitt Entsorgung ermöglichen
Der bei der Pflege von Gewässerrändern und Wegrainen an landwirtschaftlich genutzten Wegen anfallende Grünschnitt soll wieder als Landschaftspflegematerial und somit als unbedenklich eingestuft werden. Für die Saumstreifen entlang von Straßen müssen Kriterien definiert werden, die dies ebenfalls ermöglichen.
Dies ist wichtige Voraussetzung dafür, dass Mahdgut unter wirtschaftlichen Bedingungen abgeräumt werden kann! Mehr hierzu
Wir laden Kirchengemeinden, Stiftungen und alle Landbesitzende ein, sich diesen Zielen ebenfalls anzuschließen, ebenso selbstverständlich alle BürgerInnen bei der Pflege ihrer Grünanlagen und Gärten.
1.Die Ziele zum Biotopverbund stehen seit 2002 im Bundesnaturschutzgesetz
2. Mit der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt - UN Dekade Biologische Vielfalt von 2007 hat sich die Bundesregierung auch dem Schutz von Feld- und Wegrainen verpflichtet
3. Im Aktionsprogramm Insektenschutz betont das BMU die herausragende Rolle von Strukturelementen wie Weg- und Feldraine
4. Wegraine und Gewässerrandstreifen als Teil des kommunalen Biotopverbundes Praxisleitfaden, gefördert vom Bundesamt für Naturschutz. Herausgeber: BUND – Freunde der Erde
5. Weg-, Feldraine, Gehölze, Bäume, Gewässer, Gewässerrandstreifen sind Bestandteil verschiedener Gesetze und Verordnungen, u.a.:
Es gelten die Landesgesetze, die Breite von Gewässerrandstreifen ist in jedem Bundesland anders geregelt.
6. Europäische Wasserrahmenrichtlinie und Agenda 2030 – Ziele der UN sind geltendes Recht
Können Sie sich noch an die Wegwarte erinnern?
Früher wuchs sie, in Gesellschaft vieler weiterer Pflanzenarten, an fast jedem Wegrand. Ihr Verschwinden steht sinnbildlich für das
Schwinden der Artenvielfalt im öffentlichen Grün.
Unsere öffentlichen Grünanlagen sind zunehmend Rückzugs- und Lebensräume vieler Tier- und Pflanzenarten.
Wegeränder, das Straßenbegleitgrün mit seinen Krautsäumen, Gewässer, Gräben und speziell Hecken erfüllen wichtige Lebensraumfunktionen und tragen bei entsprechend nachhaltiger, an ökologischen Erfordernissen orientierter Pflege zur wichtigen Vernetzung von Lebensräumen bei. Sie sind damit von existentieller Bedeutung für unsere Ökosysteme.
Die in der heutigen Praxis üblichen Maßnahmen wie Mulchen, Schlegeln, Schreddern und Häckseln führen zu einem völlig unnötigen Verlust an Insekten- und Pflanzenvielfalt im ganz großen Maßstab.
Die Summe aller öffentlichen Flächen ist größer als die aller Naturschutzgebiete Deutschlands.
Flurbereinigung und mangelhafte Flächennutzungsplanung tragen signifikant und global zur Aussterbekrise bei, da sie zum Verlust oder Fehlen von Landschaftsstrukturen der Biotopvernetzung führen. Dadurch sind unzählige ökologisch bedeutsame Heckenstrukturen verloren gegangen, die als Biotopverbundlinien und für den Erosionsschutz unverzichtbar sind und daher im großen Maßstab neu angelegt werden müssen.
Jede Neuanlage und -pflanzung muss mit
gebietsheimischen Arten erfolgen.
Artenschwund und Insektensterben zeigen die Verletzlichkeit unserer Natur und nehmen unsere öffentliche, besonders die kommunale Verwaltung und zuständige Behörden in die Verantwortung. Etliche Kommunen haben hier bereits gute Konzepte umgesetzt, einige sind im Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ organisiert.
Wie funktioniert der Biotopverbund?
Der Film zeigt, warum Natur und Tiere den Biotopverbund brauchen und was sich in unserer Landschaft ändern muss, damit er gelingt.
Quelle: BUND Baden-Württemberg/ YouTube
Bei häufigem Mähen/ Schlegelmulchen im Jahr kann sich keine blühende Artenvielfalt entlang der Wegsäume mehr entwickeln.
Dort lebende Insekten werden getötet oder verlieren schlagartig ihren Lebensraum.
Etliche Wildblumen- und Pflanzenarten ersticken und keimen nicht mehr unter dem Mulch, Überdüngung ist die Folge.
Der oft naturschutzfachlich nicht sachgerechte Umgang mit Saumgehölzen und Bäumen empört viele Menschen. Hecken werden rücksichtslos geschlegelt, geschreddert und Bäume ohne zwingenden Grund gefällt. Zurück bleibt häufig ein Bild der Zerstörung.
Haselsträucher, Schlehe, Weiden u. a. sind gerade im Frühjahr für Wildbienen und andere Bestäuber sehr wichtig. Nicht selten werden sie in voller Blüte geschreddert und gehen als wertvolle Nahrungsgrundlage für die Insekten- und Vogelwelt lange verloren. Obwohl größtenteils verboten, erfolgt dies sogar manchmal während der Brut- und Setzzeit - ohne Rücksicht auf die Lebensgemeinschaften, denen dann plötzlich Nahrung und Nistmöglichkeiten entzogen werden.
Der Bewuchs wird oft in der heißesten Jahreszeit bodentief gemulcht. Amphibien und Insekten, die sich unter dem Grün versteckt halten, sind damit der Sonneneinstrahlung ungeschützt ausgesetzt und verenden kläglich.
Empfindliche Restvegetation verbrennt, die Artenvielfalt schwindet.
Mulchen kann dieses Austrocknen nicht verhindern und verhindert zusätzlich das Keimen vieler Wildpflanzen.
Claudia Blauert
Tel.: 0176-58445703
Email: mail@petition-mehr-artenvielfalt-im-oeffentlichen-gruen.de
Co-Autoren:
Dr. Detlev Kröger,
Dr. Joachim Kamp,
Georg Lüdecke,
Jürgen Kruse